Landtagstalk zur Steuergerechtigkeit

„Zuerst wurde er kriminalisiert, inzwischen wurde er mit dem Ehrentitel Robin Hood ausgezeichnet“, begrüßte Stefan Zimkeit Landesfinanzminister Norbert Walter-Borjans. Zimkeit verdeutlichte damit, dass es in den letzten Jahren einen deutlichen Wandel in der Diskussion über Steuergerechtigkeit gegeben hat.

Andreas Meyer-Lauber, Markus Meinzer, Norbert Walter-Borjans, Stefan Zimkeit.

Andreas Meyer-Lauber, Markus Meinzer, Norbert Walter-Borjans, Stefan Zimkeit.

Stefan Zimkeit, Manfred Lehmann, Achim Hoffmann.

Stefan Zimkeit, Manfred Lehmann, Achim Hoffmann.

Diskussion im Saal der SPD-Landtagsfraktion NRW.

Diskussion im Saal der SPD-Landtagsfraktion NRW.

Die SPD-Fraktion hatte zu einem Landtagstalk eingeladen, um den vorgelegten NRW-Aktionsplan für mehr Steuergerechtigkeit mit Experten und dem interessierten Publikum zu diskutieren. Dabei gehe es sowohl um die Festsetzung von gerechten Steuern als auch um Steuerehrlichkeit, sagte Stefan Zimkeit, finanzpolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion.

Marcus Meinzer, Autor des Buches „Steueroase Deutschland“, stellte dar, dass zirka drei Millionen Euro unversteuerte ausländische Gelder bei deutschen Banken lägen, „darunter auch Diktatorengelder“. Deutschland sei der achtgrößte „Schattenfinanzplatz“ der Welt, weil es für ausländische Geldanlagen keine Abgeltungssteuer gibt und der inländische Bänker die Gelder ausländischer Steuerhinterzieher ungestraft annehmen darf, so Meinzer. Der Experte des Tax Justice Network beklagte zudem einen massiven innerdeutscher Wettbewerb, der sich für ihn als „Steuerkrieg“ darstelle. Baden-Württemberg und Hessen seien in der Finanzverwaltung nur halb so gut aufgestellt wie Thüringen und Sachsen, sagte Markus Meinzer. Und Bayern sei das Hauptproblem, was fehlende Betriebsprüfer und Steuerfahnder angeht.

„Wir brauchen mehr öffentlichen Investitionen, Bildung und Brücken“, mahnte der nordrhein-westfälische DGB-Chef Andreas Mayer-Lauber. „Auf der einen Seite, um der nächsten Generation ehrliche Chancen zu geben, auf der anderen Seite, um das Staatswesen so zu konstruieren, dass es funktioniert. Die Art und Weise der Steuererhebung irritiert uns“, so Mayer-Lauber. Während Einkommen aus Vermögen und Unternehmensgewinnen Gestaltungsmöglichkeiten unterliege, würde bei Arbeitern und Angestellten die Steuer direkt vom Lohn abgezogen. Manfred Lehmann, Landesvorsitzender der Deutschen Steuergewerkschaft, betonte die Notwendigkeit eines gerechten Steuervollzugs. „Eine Steuer, die nicht erhoben wird, ist genauso ungerecht wie Steuerhinterziehung.“

Auch das, was Monheim mit seiner Absenkung der Gewerbesteuer erreicht hat, sei eine Steueroase, sagte Norbert Walter-Borjans. „Die machen das, was die Kaimaninseln weltweit machen.“ Achim Hoffmann, stellvertretender IHK-Landesgeschäftsführer, wies hingegen darauf hin, dass Monheim über kommunale Ausgleichszahlungen viel von den zusätzlichen Einnahmen wieder abgeben würde. „Das hilft aber Kommunen wie Leverkusen und Oberhausen nicht“, ergänzte Stefan Zimkeit. „Da sind zwar nicht die Unternehmen als Ganzes weggegangen, aber die Gewerbesteuereinnahmen sind eingebrochen.“

„Wir nähern uns Wahlen“, kam Zimkeit auf ein anderes Thema zu sprechen, „und es kommen Steuererleichterungsvorschläge.“ Die würden von Union und FDP damit begründet, kleinere und mittlere Einkommen entlasten. „Das ist aber mitnichten so“, waren sich Zimkeit und Walter-Borjans einig. „Wir wollen den Menschen sagen können, woher das kommt, was wir ihnen versprechen“, betonte der Finanzminister und erläuterte das ganze Themenspektrum des steuerlichen Reformbedarfs. So würde beispielsweise das 1959 eingeführte Ehegattensplitting nicht mehr den Lebensrealitäten entsprechen, meinte Walter-Borjans. Steuergewerkschafter Lehmann ergänzte die Forderung nach einer Veränderung bei den Kinderfreibeträgen. Jedes Kind müsse gleich viel wert sein, wies er auf die Unterschiede zwischen Kindergeld und der Steuerersparnis von Besserverdienern hin.

Norbert Walter-Borjans zeigte sich aber skeptisch, ob Veränderungen durchsetzbar sind. Es gelinge oftmals, den eigentlich Begünstigten die Sorge einzureden, sie seien von Steuererhöhungen betroffen. „Bei uns gilt Steuerzahlen als Abgeben unserer privaten Einnahmen an etwas, was gegen uns ist.“

Leider habe sich in Deutschland die Steuerlast weg von den Vermögen und Gewinnen hin zu den Lohnabhängigen verschoben, stellte Markus Meinzer fest. Die SPD-Landtagsfraktion wolle deswegen sowohl eine Wiedereinführung der Vermögenssteuer und eine Stärkung der Erbschaftssteuer, antwortete Stefan Zimkeit. Norbert Walter-Borjans erzählte von der in der Nacht zuvor gefundenen Erbschaftssteuer-Einigung im Vermittlungsausschuss. „Der Kompromiss ist schmerzhaft“, sagte Walter-Borjans. Immerhin sei verhindert worden, dass die Erbschaftssteuer „voraussetzungslos, zinslos und ratenlos“ für zehn Jahre gestundet werden könne. Die Frist sei nun auf sieben Jahre verkürzt, ist an die Voraussetzung des Erhalts von Arbeitsplätzen gekoppelt und werde mit sechs Prozent verzinst.