Stefan Zimkeit (SPD) zieht in einem WAZ/NRZ-Interview Bilanz als Osterfelder Bezirksbürgermeister. In der neuen Wahlperiode kandidiert er nicht für dieses Amt, stattdessen möchte Zimkeit erneut SPD-Fraktionsvorsitzender werden. „Die parteiübergreifende Kooperation in inhaltlichen Sachfragen ist richtig und wichtig, und das werde ich auch als Fraktionsvorsitzender weiter betreiben“, kündigt er an. Die Suche nach den richtigen Lösungen müsse dabei im Vordergrund stehen.
Herr Zimkeit, sollten Kommunalwahlen nicht häufiger stattfinden?
Nein, das glaube ich nicht. Politik braucht Zeit, um unabhängig von Wahlkämpfen Dinge voranzutreiben. Das gilt besonders für Ehrenamtliche, die diese Ruhe brauchen, um sich neben ihrer Berufstätigkeit mit der Umsetzung wichtiger kommunaler Projekte zu beschäftigen.
Der Eindruck ist, dass die SPD den Druck des Wahlkampfs braucht, um Vorhaben anzustoßen. Allein in Osterfeld wurden Schrottimmobilien gekauft, nach Jahren neue Baugrundstücke an der Rheinischen Straße geschaffen, jetzt gibt es auch noch die Baugenehmigungen für den Marktplatz.
Viele dieser Projekte sind bereits vor Jahren angestoßen worden. Es ist bedauerlich, dass erst jetzt ihre Realisierung konkret wurde. In manchen Fällen war dies zu spät, weil viele Wählerinnen und Wähler weiterhin Zweifel an der tatsächlichen Umsetzung der Pläne hatten. Da müssen wir Vertrauen zurückgewinnen.
Nach dem Tod von Karl-Heinz Pflugbeil sind Sie für ein Jahr Osterfelds Bezirksbürgermeister geworden. Was konnten Sie in dieser kurzen Zeit erreichen, worauf sind Sie stolz?
Ein Bezirksbürgermeister allein erreicht nichts, man benötigt viel Unterstützung aus der Fraktion, der Verwaltung und von den Stadtteilakteuren. Erfreulich ist, dass wir die Umwandlung der Eislaufhalle zu einer Inlinehockeyhalle geregelt haben, die Baumaßnahme am Marktplatz weiter geht und der Bunkerabriss auf einem guten Weg ist. Das nächste wichtige Projekt ist die Neunutzung des Gartendoms.
Selbst aus der SPD gab es Stimmen, den Dom abzureißen. Warum wollen Sie ihn unbedingt erhalten?
Es gab innerhalb der SPD lediglich unterschiedliche Einschätzungen, wie lange nach einem Investor gesucht werden kann. Der Dom ist eine herausragende Landmarke. Es sollte uns gelingen, ein Gebäude, das mit dem alten, vom Bergbau geprägten Osterfeld verbunden ist, zu einem Stück des neuen Osterfeld zu machen.
Was sollte Ihr Nachfolger zuerst anpacken?
Das Förderprogramm „Soziale Stadt“ soll nach Osterfeld kommen. Das Projekt bietet fächerübergreifende Förderung, für Soziales, Bauvorhaben und Jugendarbeit. Mit der Unterstützung können wir ein Stadtteilbüro nach Osterfeld holen. Ein zweiter wichtiger Schwerpunkt ist die Kulturarbeit. Eine Möglichkeit könnte sein, den Künstlerstammtisch muss reaktiviert werden, um mit den Kreativen gemeinsam Ideen zu entwickeln.
Das eigentliche Problem Osterfelds ist doch die Wirtschaft. Osterfeld hat massiv Arbeitsplätze verloren, rund sechs Prozent. Wie wollen Sie daran?
Wir müssen es schaffen, die Einwohnerinnen und Einwohner in Osterfeld zu halten und neue anzulocken. Das stärkt die Kaufkraft und die örtliche Wirtschaft. Deswegen ist ein attraktiver Wohnungsbau wichtig, und da setzen wir mit dem Halterner Viertel oder dem Freitagshof gute Akzente. Auch die Verlagerung eines Teils der Stadtverwaltung nach Osterfeld würde den Wirtschaftsstandort stärken. Zur Zeit wird geprüft, ob für dem Bereich Jugend ein neuer Standort notwendig wird, der dann nach Osterfeld kommen könnte. Daran angedockt sollte dann ein Anlaufpunkt für Jugendliche geschaffen werden.
In Ihre Amtszeit als Bezirksbürgermeister fiel die Gründung des Wählerbündnisses BOB. Osterfelder haben sich geärgert, dass die Sitzungen Bezirksvertretungen zu kurz und nicht informativ genug seien. Die Diskussionen fanden bald am neugegründeten Runden Tisch statt. Haben Sie Bürgerbeteiligung da nicht versäumt?
Ich habe Herrn Mellis mehrfach Gespräche angeboten, und ich habe auch um Terminabsprachen für den Runden Tisch gebeten. Das Angebot wurde nie wahrgenommen. Ihm ging es nicht um ein Gespräch mit dem Bezirksbürgermeister, sondern darum, eigene politische Ambitionen vorzubreiten. Richtig ist, dass Bürgerinnen und Bürger sich nicht richtig mitgenommen fühlten und dass wir zusätzliche Angebote zur Bürgerbeteiligung machen müssen. Die Stadteilmesse in Osterfeld war das ein Anfang, den wir konsequent fortführen müssen. Am Runden Tisch wurden ehrenamtlich engagierte Politiker vorgeführt; dass kann nicht die richtige Form von Bürgerbeteiligung sein.
Welche Rolle kann eine Bezirksvertretung bei der Bürgerbeteiligung spielen?
Die Bezirksvertretung ist der Ort der politischen Entscheidungen, die transparent stattfinden müssen. Hier können Bürgerinnen und Bürger zu Wort kommen und Informationen bekommen. Vertiefte Bürgerbeteiligung muss aber durch andere Instrumente erreicht werden, wie etwa Bürgerversammlungen und Workshops zu wichtigen Themen, bevor Entscheidungen getroffen werden.
Wird mit BOB das Miteinander in der Bezirksvertretung konfrontativer?
In Osterfeld wurde immer eine in der parteiübergreifende konstruktive Zusammenarbeit gepflegt. Ich hoffe, dass das fortgesetzt wird. Wenn aber Politiker von BOB weiterhin wie im Wahlkampf ehrenamtliche Bezirksvertreter anderer Parteien diskreditieren, wird die Zusammenarbeit schwierig.
Waren Sie gerne Bezirksbürgermeister?
Das eine Jahr war spannend, und ich habe viel gelernt. Ich war überrascht, welchen hohen Stellwert dieses Amt bei vielen Bürgern einnimmt. Ich bin 2013 nach dem Tod von Karl-Heinz Pflugbeil in große Fußstapfen getreten, er hat sich um vieles gekümmert. Für mich war dennoch klar, dass ich dieses Amt keine weiteren sechs Jahre ausüben wollte. Ein Bezirksbürgermeister hat viele repräsentative Aufgaben und muss stark ausgleichend wirken, beides gehört nicht zu meinen Stärken.
Jetzt kandidieren Sie wieder für den Fraktionsvorsitz der SPD in Osterfeld. Kann das klappen, von Harmonie auf Konfrontation?
Für Harmonie stand ich auch als Bezirksbürgermeister nicht immer. Die parteiübergreifende Kooperation in inhaltlichen Sachfragen ist richtig und wichtig, und das werde ich auch als Fraktionsvorsitzender weiter betreiben. Die Suche nach den richtigen Lösungen muss im Vordergrund stehen.
Eigentlich wollten Sie sich aus der Stadtteilpolitik zurückziehen …
In Osterfeld stehen einige sehr spannende Entwicklungen an, die ich sehr gerne mit Thomas Krey mitgestalten möchte. Ich glaube, für Osterfeld kann in den nächsten Jahren viel erreicht werden.
Das Interview führte Stephanie Wettmann.